Nach einem Aufenthalt auf der Intensivstation weisen viele Patientinnen und Patienten häufig mentale und körperliche Beschwerden wie Konzentrationsstörungen oder Muskelschwäche auf. Derartige Symptombilder werden als „Post Intensive Care Syndrom“ (dt.: „Nach-Intensivstation-Syndrom“ kurz: PICS) zusammengefasst. Neben möglichen Einschränkungen in der Lebensqualität sind unter Umständen eine stationäre Langzeitbehandlung und eine ambulante Nachsorge erforderlich.
Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Projekt DISTANCE verfolgte das Ziel, die Nachsorge im Anschluss an einen Aufenthalt auf einer Intensivstation zu verbessern. Im Rahmen von DISTANCE wurde die PICOS-Studie durchgeführt, um die körperlichen und mentalen Auswirkungen eines Intensivaufenthalts zu erforschen und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Von über 200 ehemaligen Intensivpatientinnen und -patienten aus neun regionalen Gesundheitseinrichtungen wurden körperliche und mentale Symptome nach ihrem Intensivaufenthalt ein Jahr lang dokumentiert, um ihnen sowie nachfolgenden Patientinnen und Patienten zukünftig eine bessere Behandlung bieten zu können.
Die PICOS-App hat ehemalige Intensivpatinnen und -patienten in ihrem Genesungsprozess nach der Entlassung aus dem Krankenhaus begleitet. Durch eine regelmäßige Eingabe von Informationen zu ihrem körperlichen und mentalen Wohlbefinden in die App erhielten sie eine umfassende Übersicht zu ihrem individuellen Gesundheitszustand. Zusätzlich wurden im Rahmen der Studie vier Nachuntersuchungen durchgeführt, um weitere Informationen zu ihrem Gesundheitszustand zu erfassen.
Von der PICOS-Studie können auch zukünftige Patientinnen und Patienten profitieren: Mit der Nutzung der App wurden Daten generiert, die die Erforschung von neuen Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten für Intensivpatientinnen und -patienten fördern. Diese wurden verschlüsselt und medizinisch Forschenden unter Einhaltung der geltenden Datenschutzbestimmungen zur Verfügung gestellt.
Patientinnen und Patienten konnten die PICOS-App nutzen, nachdem eine Studienassistenz sie informiert und die mobile Anwendung auf ihrem Smartphone eingerichtet hat.
Patientinnen und Patienten, die nach ihrem intensivstationären Aufenthalt unter körperlichen und mentalen Beschwerden leiden, haben besondere Bedürfnisse in der Nutzung einer Gesundheits-App. Damit die PICOS-App diesen Bedürfnissen gerecht wird, wurden in einer Vorstudie 123 Intensivpatientinnen und -patienten zu ihren Wünschen und Erwartungen an die App befragt.
Die ersten Rückmeldungen waren durchweg positiv. Die Patientinnen und Patienten sahen die App als wertvolles Selbstmanagement-Instrument, mit dem sie stärker in den Prozess der eigenen Gesundheitsversorgung eingebunden wurden. Auf Basis der Ergebnisse dieser Vorstudie und weiterer Befragungen der Nutzerinnen und Nutzer konnte die PICOS-App inhaltlich und technisch weiterentwickelt werden.
Stand: 04/2024
Um die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten im Rahmen von DISTANCE über die Studie hinaus optimal abzubilden, unterstützte die Deutsche Sepsis-Hilfe e. V. als Patientenorganisation das Projekt. Die Deutsche Sepsis-Hilfe setzt sich mit über 350 Mitgliedern für die Belange von Sepsis-Betroffenen und ihren Angehörigen ein.
Eine Sepsis ist eine übersteigerte oder zu schwache Immunreaktion des Körpers auf eine Infektion, die zu einem lebensbedrohlichen Organversagen führen kann. Ursachen können Bakterien, Viren oder verunreinigte offene Wunden sein, weshalb eine Sepsis insbesondere während eines Krankenhausaufenthalts auftreten kann. Sepsis-Erkrankte müssen oft auf der Intensivstation behandelt werden. Vertreterinnen und Vertreter der Deutschen Sepsis-Hilfe haben DISTANCE zur Entwicklung der PICOS-App beraten und die Nutzung innerhalb der Organisation gefördert.