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Masterarbeitsthemen an der Schnittstelle zwischen Pharmazie, Informatik und Data Science zu vergeben

Sie studieren Medizininformatik, Informatik, Data Science, Pharmazie oder ein verwandtes Fach und suchen ein klinisch anschlussfähiges Thema für Ihre Masterarbeit? Im INTERPOLAR-Projekt der Medizininformatik-Initiative werden ab sofort fünf Masterarbeiten vergeben, die Forschung und klinische Anwendung verbinden.

Die Themen liegen in der Grundlagenforschung und methodischen Entwicklung zu digitaler Arzneimittelsicherheit und Künstlicher Intelligenz (KI). Eine Betreuung ist interdisziplinär aus Pharmazie, Data Science und Informatik möglich. Sie arbeiten mit aktuellen Ansätzen der KI, Kausalmodellierung und Wissensrepräsentation und erhalten dabei Einblicke in klinische Abläufe. So können Sie bereits im Rahmen Ihrer Qualifikationsarbeit Projekterfahrung sammeln, Kontakte knüpfen und zentrale Kompetenzen für Tätigkeiten im Bereich Digital Health aufbauen.

Das sind die Themen:

Thema 1:

Titel: Entwicklung einer semantischen Pipeline zur strukturierten Wissensrepräsentation von Arzneimittelinformationen

Hintergrund:

Arzneimittelinformationen liegen häufig in textlicher Form (z. B. Fachinformationen, Leitlinien, Studienberichte) vor. Um daraus eine begründbare und überprüfbare Entscheidungslogik zu gewinnen, müssen Inhalte formalisiert, semantisch angereichert und maschinenlesbar gemacht werden.

Ziele:

  • Aufbau einer Pipeline zur Extraktion klinisch relevanter Konzepte (Dosis, Interaktionen, Kontraindikationen)
  • Vorverarbeitung, Validierung und Verfeinerung von Annotationen
  • Konzept- und Regel-Extraktion (z. B. Dosierungen, Kontraindikationen, Arzneimittelinteraktionen)
  • Semantische Repräsentation in Wissensmodellen (z. B. FHIR MedicationKnowledge, OWL, JSON-LD)
  • Integration von Begründungslogik („Reasoning as Model“) zur Ableitung klinischer Regeln
  • Evaluation anhand von Fallbeispielen
  • Abbildung in FHIR Knowledge Artefakte / Contextual Query Language (CQL) / Ontologien

Anforderungen:

  • Interesse an Natural Language Processing (NLP), Wissensrepräsentation und semantischen Technologien
  • Grundkenntnisse in Python, Resource Description Framework (RDF) oder FHIR
  • Bereitschaft zur interdisziplinären Arbeit mit klinischen Daten


Thema 2:

Titel: Modellierung und Analyse klinischer Entscheidungsbegründungen mit Reasoning-Graphen

Hintergrund:

Klinische Entscheidungen – insbesondere im Medikationsmanagement – beruhen auf expliziten und impliziten Begründungen. Diese können formal als Reasoning-Graphen modelliert werden, um Muster, Fehlschlüsse und Strategien der Entscheidungsbildung zu verstehen.

Ziele:

  • Sammlung apothekerbasierter Fallanalysen
  • Strukturierte Erfassung von Begründungen für die Erkennung von Medikationsproblemen und Relevanzbewertung
  • Modellierung von Reasoning-Graphen (Knoten: Observation, Hypothesis, Action; Kanten: supports, contradicts, leads_to), ggf. mit Annotation klinischer oder pharmazeutischer Fallbegründungen
  • Entwicklung eines Schemas für „Reasoning as Model“ (Knoten: Observation, Hypothesis, Action)
  • Konsolidierung individueller Graphen zu einem generalisierten Reasoning- und Wissensgraph
  • Quantitative und qualitative Analyse von Entscheidungslogiken
  • Vergleich menschlicher und maschineller Reasoning-Muster (z. B. Large Language Models, Knowledge Graphs)


Anforderungen:

  • Interesse an Cognitive Modeling, Graph Reasoning, Explainable AI
  • Grundkenntnisse in Python, Neo4j, Graphviz oder vergleichbaren Tools wären hilfreich
  • Fähigkeit zu analytischem, interdisziplinärem Denken


Thema 3:

Titel: Extraktion, Formalisierung und Begründbarkeit pharmazeutischer Regeln für Medikationsentscheidungen

Hintergrund:

Klinisch-pharmazeutische Empfehlungen (z. B. Dosierungsanpassungen, Interaktionswarnungen) basieren auf Regeln, die selten explizit begründet oder validiert sind. Eine maschinenlesbare, erklärbare Regelbasis ist notwendig, um klinische Entscheidungsunterstützung nachvollziehbar zu gestalten.

Ziele:

  • Systematische Extraktion von pharmazeutischen Regeln aus Leitlinien und Literatur, z.B. Kontraindikationen. Kontraindikationen sind Umstände, die eine medizinische Maßnahme verbieten, weil sie beispielsweise zu gesundheitlichen Schäden oder Nebenwirkungen führen könnte.
  • Klassifikation und Mapping auf standardisierte Terminologien (z. B. SNOMED CT, ATC, ICD-10)
  • Formale Abbildung als Regelgraph oder in CQL/FHIR PlanDefinition
  • Integration von Begründungsinformationen (Reasoning-Komponenten)
  • Entwicklung und Test eines Prototypen für die algorithmische Abbildung von Kontraindikationsregeln, z.B. Evidence Cards, die Daten, Regel und Begründung verbinden
  • Evaluation der Erklärbarkeit und Konsistenz dieser Regeln anhand klinischer Szenarien (Validierung durch Fachexpertinnen und -experten)

Anforderungen:

  • Studium der Pharmazie, Data Science oder Informatik
  • Interesse an Regelmodellierung, semantischer Interoperabilität und Evidence Representation
  • Grundkenntnisse in Python, Text Mining oder Wissensmodellierung
  • Freude an interdisziplinärer Zusammenarbeit (Informatik ↔ Pharmazie ↔ Klinik)


Thema 4:

Titel: Methodische Ansätze zur Integration von pharmakologischer Modellierung und beobachtungsbasierten Daten

Hintergrund:

Pharmakologische Modelle (z. B. PopPK-/PD-Modelle) und Routinedaten spiegeln unterschiedliche Evidenzquellen wider. Ihre Integration erfordert methodische Ansätze zur Harmonisierung von Strukturen, Unsicherheiten und Skalenebenen.

Ziele:

  • Vergleich methodischer Strategien zur Integration strukturierter und unstrukturierter Datenquellen
  • Entwicklung eines Frameworks zur Konsistenzprüfung von pharmakologischen und beobachtungsbasierten Evidenzen
  • Evaluation von Bias-Quellen und Unsicherheiten
  • Anwendung auf exemplarische Wirkstoffgruppen (z. B. Antikoagulanzien, Immunsuppressiva)

Anforderungen:

  • Studium der Data Science, Biostatistik, Computational Pharmacology oder Informatik
  • Kenntnisse in Statistik, Bayesian Modeling oder Machine Learning
  • Interesse an Evidenzintegration und Modellvalidierung


Thema 5:

Titel: Entwicklung von datengetriebenen Simulationsmodellen („Digital Twins“) für Medikationssicherheit

Hintergrund:

Digitale Zwillinge können komplexe Arzneimittelwirkungen und Interaktionen simulieren. Durch die Integration genetischer, klinischer und pharmakologischer Daten entsteht ein Framework zur modellbasierten Hypothesengenerierung und Risikoabschätzung.

Ziele:

  • Konzeption und Implementierung eines generischen Simulationsframeworks
  • Integration patientenspezifischer Variablen (z. B. genetische Marker, Organfunktion, Co-Medikation)
  • Entwicklung von Modellen zur Vorhersage von Dosis-Wirkungs-Relationen und Risiken für unerwünschte Arznemittelinteraktionen
  • Methodische Evaluation der Modellgüte, Generalisierbarkeit und Erklärbarkeit

Anforderungen:

  • Studium Computational Biology, Data Science oder Medizininformatik
  • Interesse an Simulation, KI, Pharmakometrie oder Modellvalidierung
  • Erfahrung mit Python, R oder Simulationsframeworks (z. B. PyMC, Stan)


Mehrwert für Studierende:

Die Themen stärken methodische Kompetenzen an der Schnittstelle von Begründbarkeit, Evidenzintegration und Modellbildung. Sie sind theoretisch relevant für Wissensrepräsentation und kausale Modellierung und zugleich praktisch bedeutsam für Medikationssicherheit sowie erklärbare KI. Zudem verbinden sie Natural Language Processing, Knowledge Engineering und FHIR – zentrale Fähigkeiten für Laufbahnen in Gesundheitsdatenwissenschaft, klinischer KI und digitaler Gesundheitswirtschaft.

Sie haben Interesse an einem der Themen? Melden Sie sich mit Ihrem Themenwunsch bei uns unter info@smith.care!