Arztpraxen und regionale Krankenhäuser sind zentrale Einrichtungen für die medizinische Versorgung. Auch in diesen nicht-universitären Bereichen fallen große Mengen medizinischer Daten an. Im Digitalen FortschrittsHub DISTANCE wird der interoperable Datenaustausch auf medizinische Einrichtungen der regionalen Versorgung ausgedehnt, um die Behandlungsqualität langfristig zu verbessern. Erstmalig werden strukturierte, longitudinale Daten von Patientinnen und Patienten digital während und nach einer intensivmedizinischen Behandlung erfasst. Auf diese Weise können mittels künstlicher Intelligenz Risiken und Verschlechterungstendenzen zukünftig frühzeitig erkannt werden, um die Forschung zu neuen Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten für ehemalige Intensivpatientinnen und -patienten zu unterstützen. DISTANCE nutzt hierfür die Infrastruktur der Medizininformatik-Initiative (MII). In einem bundesweiten Roll-Out wird das technische Konzept auf regionale Krankenhäuser und Arztnetze übertragen und erprobt.
Viele ambulante Patientinnen und Patienten leiden in den Wochen und Monaten nach einer längeren intensivmedizinischen Behandlung, zum Beispiel infolge eines lebensbedrohlichen Atem- oder Kreislaufversagens, unter psychischen und physischen Beschwerden – dem sogenannten Post Intensive Care Syndrom (PICS). Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus führt dies häufig zu deutlichen Einbußen in der Lebensqualität. Die Patientinnen und Patienten werden in ihrem Lebensalltag mit Problemen aufgrund anhaltender mentaler, kognitiver, physischer und/oder psychischer Einschränkungen konfrontiert und können sich teilweise nicht mehr selbstständig versorgen.
Im FortschrittsHub DISTANCE erhalten ehemalige Intensivpatientinnen und -patienten digitale Unterstützung durch die PICOS-App. Betroffene erhalten mit Hilfe der PICOS-App regelmäßig Informationen zu ihrem Gesundheitszustand und werden bei der medizinischen Selbstfürsorge im Alltag unterstützt. Die App bündelt umfangreiche Informationen zum psychischen und physischen Befinden der Patientinnen und Patienten und generiert somit große Datenmengen. Dank dieser Datenbasis können kritische Erkrankungen zukünftig besser eingeschätzt und die Behandlungsqualität optimiert werden.
Durch die stärkere Vernetzung von Unikliniken, regionalen Häusern sowie niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten werden sektorenübergreifende Patientendaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Behandlung erhoben. DISTANCE führt die Ergebnisdaten in anonymisierter Form zusammen und stellt sie für sekundäre Datenanalyse- und Forschungszwecke bereit. Dadurch wird ein strukturierter Überblick verschiedener elektronischer Patientendatensätze aus allen relevanten Bereichen der Gesundheitsversorgung generiert.
Mit Methoden des Datenmanagements und der Datenmodellierung lassen sich bisher unbekannte Zusammenhänge und Abhängigkeiten verschiedener Krankheiten identifizieren. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Verarbeitungsprozess der gesammelten Daten können künftig Behandlungsprozesse und klinische Bedingungen optimiert werden.
DISTANCE ist einer der sechs Digitalen FortschrittsHubs Gesundheit, die Mitte 2021 gestartet sind. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt bis 2025 hierfür rund 50 Millionen Euro bereit. Aufgabe der FortschrittsHubs ist es, die Pionierarbeiten der Medizininformatik-Initiative (MII) zur Digitalisierung in der Medizin aus den Unikliniken in alle Bereiche des Gesundheitssystems einfließen zu lassen. Ausgangspunkt eines Hubs ist das Datenintegrationszentrum (DIZ) einer Uniklinik. Diese Zentren wurden als IT-Infrastrukturen an fast allen Unikliniken im Rahmen der Medizininformatik-Initiative aufgebaut. Ein DIZ vernetzt sich mit regionalen Partnern – darunter Krankenhäuser, Arztpraxen, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen sowie Rettungsdienste. Auch Forschungseinrichtungen und Krankenkassen sind Partner der Hubs.