
Nach der Intensivstation mit digitalen Technologien zurück ins Leben: So lief die PICOS-Studie im DISTANCE-Projekt
Für viele Patientinnen und Patienten beginnt nach der Entlassung aus der Intensivstation ein langer Weg zurück in den Alltag, oft begleitet von körperlichen und mentalen Beschwerden. Mit Symptomen wie Konzentrationsstörungen, Muskelschwäche und depressiven Verstimmungen kann das „Post Intensive Care-Syndrom“ (PICS) das Leben der Betroffenen dauerhaft einschränken. In der PICOS-Studie des Digitalen FortschrittsHubs DISTANCE werden ehemalige Intensivpatientinnen und -patienten mit der PICOS-App digital unterstützt. Das Ziel ist es, das PICS besser zu verstehen und Therapiemöglichkeiten zu entwickeln. Ende Juni wurde der letzte Teilnehmende in die Studie aufgenommen, ab Herbst beginnt die Auswertung. Doch schon jetzt zeigt sich: Die Beteiligten haben wertvolle Erfahrungen über die Nutzung und den Mehrwert digitaler Lösungen für die Intensivnachsorge gesammelt.
Teilnehmende dokumentieren ihren Gesundheitszustand per App
Über 200 ehemalige Patientinnen und Patienten aus elf regionalen Krankenhäusern und einem Ärztenetzwerk wurden von Juli 2023 bis Ende Juni 2025 für die PICOS-Studie rekrutiert. Voraussetzung war ein Aufenthalt von mindestens drei Tagen auf der Intensivstation oder eine Beatmung von über 24 Stunden. Über die PICOS-App dokumentieren die Teilnehmenden regelmäßig ihren Gesundheitszustand, indem sie Daten wie Blutdruck, Schmerzempfinden oder Schlaf eingeben. Zusätzlich werden nach drei, sechs und zwölf Monaten Nachuntersuchungen durchgeführt.
Die PICOS-App als Tool zur Selbstfürsorge
Die bisherige Resonanz der Patientinnen und Patienten ist überwiegend positiv: Sie schätzen die Möglichkeit, nach dem Krankenhausaufenthalt weiter unterstützt zu werden und dabei einen Beitrag für die Forschung zu leisten. Darüber hinaus können einige Teilnehmenden die PICOS-App als generelles Tool zur Selbstfürsorge nutzen: „Die App hat mir eine neue Routine beigebracht, wodurch ich mehr auf meine Gesundheit achte,“ meldete ein Patient zurück. Dabei kann die PICOS-App nicht nur eine körperliche, sondern auch eine emotionale Unterstützung sein. Eine andere Nutzerin schilderte: „Mir hat die App bei der Verarbeitung der Erlebnisse im Krankenhaus geholfen und es erleichtert, darüber zu sprechen.“
Eine Lektion aus der PICOS-Studie: Der Faktor Mensch
Auch für das Projektteam war die Arbeit an der Studie ein Lernprozess. „Die Bereitschaft der Patientinnen und Patienten zur Teilnahme war durchaus groß, jedoch muss die Motivation aufrechterhalten werden,“ sagt Andreas Bleilevens, leitender Projektmanager im DISTANCE-Projekt an der Uniklinik RWTH Aachen. Zudem sei die Einführung digitaler Lösungen weniger ein IT-Projekt als vielmehr ein Prozess, der in den klinischen sowie persönlichen Alltag integriert werden muss. „Der Faktor Mensch mit seinen Routinen, Erwartungen und Vorbehalten muss zentral mitgedacht werden,“ betont er. Daher seien flexible Pläne und eine agile Herangehensweise bei solch einem Projekt wichtig, um der klinischen Realität gerecht zu werden.
PICOS-App wird in Folgeprojekt weiterentwickelt
Bis Ende September werden noch Nachuntersuchungen durchgeführt, danach beginnt die Auswertung. Ab dem 1. Oktober 2025 startet zudem das Folgeprojekt DISTANCE:PRO. Hier werden die Errungenschaften aus DISTANCE weiterentwickelt: Beispielsweise soll die PICOS-App modular anpassbar werden – auch für andere Krankheitsbilder. Zudem intensiviert DISTANCE:PRO die Zusammenarbeit mit den anderen Digitalen FortschrittsHubs der Medizininformatik-Initiative in einem gemeinsamen Use Case.
Über DISTANCE
Der Digitale FortschrittsHub DISTANCE hat das Ziel, Gesundheitsdaten aus der regionalen Versorgung für die Forschung verfügbar zu machen. Die Funktionsweise der Datenausleitung wird anhand der PICOS-App veranschaulicht, die ehemaligen Intensivpatientinnen und -patienten als therapeutische Unterstützung dient. Der im Projekt entwickelte Digitale Hub dient als zentrale Datenspeicher-Plattform der regionalen Versorgungseinrichtungen, wodurch ein wechselseitiger Datenaustausch für die Forschung möglich wird.
Sie möchten mehr erfahren? In unserem Interview geben Petra Hetfeld und Dr. Caren Martin Einblicke in die Patientenrekrutierung und die Umsetzung der PICOS-Studie am Universitätsklinikum RWTH Aachen.